PETER BIALOBRZESKI

Give my Regards to Elizabeth

31 März bis 25 Juni 2021

Eröffnung der Ausstellung "Give my Regards to Elizabeth" / Verabschiedung Peter Bialobrzeskis aus seiner Tätigkeit, der Professur für Fotografie an der Hochschule für Künste Bremen  / Film: Lukas Klose

Die Ausstellung wurde intern eröffnet und in einem Videobeitrag festgehalten.

Eine Langfassung der Redebeiträge ist hier zu finden.

 

Eröffnung (intern): 31. März 2021
Begrüßung:
Ele Hermel, Detlef Roth Galerie Mitte Bremen und Prof. Roland Lambrette, Rektor der Hochschule für Künste Bremen


 

Fotos: Lukas Klose / Galerie Mitte

Peter Bialobrzeski /  aus: "Give my Regards to Elizabeth" /  Copyright  beim Künstler

Alle Bilder zur Serie auf  www.bialobrzeski.net

 In den frühen 90er Jahren verbrachte Peter Bialobrzeski ein Jahr am London College of Communication bei einem DAAD-Stipendium. Dort fotografierte er unter Anderem die Serie „Give my Regards to Elizabeth“. Diese Serie war Teil seiner Abschlussarbeit an der Folkwangschule, ein Unikat in Buchform, analog mit Original-Fotografien. 

Mittlerweile Ist Bialobrzeski um die Welt gereist um zu fotografieren und um auszustellen. Dies lässt sich in zahlreichen Buchveröffentlichungen und in wunderbaren Fotozyklen bewundern. 

 

Seit 2002 ist Peter Bialobrzeski Professor für Fotografie an der Hochschule der Künste in Bremen, wo er zahlreiche junge Menschen erfolgreich auf Ihr berufliches Leben mit der Fotografie vorbereitet hat. In diesem Jahr (2021) verlässt Bialobrzeski die HFK. So wird die Ausstellung in der Galerie Mitte zugleich eine Würdigung seiner Zeit als Lehrender.

Wie angemessen es ist in dieser Ausstellung in Bremen gerade die Fotografien aus der Zeit in England zu zeigen, lässt sich leicht erraten. Zum einen ist da die Aktualität der gesellschaftlichen Krise in England, das nach wie vor mit den Folgen der Klassengesellschaft und der großen Schere zwischen Arm und Reich zu kämpfen hat, was nicht zuletzt die unsäglichen Verrenkungen um den Brexit bezeugen. Zum anderen aber ist es eine äußerst charmante Geste Bialobrzeskis, zum Abschluss seiner Zeit mit den Studierenden seine eigene fotografische Abschlussarbeit aus seinem Studium vorzustellen. 

 

 Peter Bialobrzeskis Ansatz, die Welt of the poor and the rich im Blick zu behalten, hat sich von Beginn an - eben seit seiner Zeit in England - durch die Jahre getragen. So zu sehen in “Neontigers“, “The Raw and the Cooked“, “Paradise Now“, “No Buddha in Suburbia“, “Heimat“, “Die Zweite Heimat“ und so weiter. Er ist scharfsinniger Beobachter und hält Unsagbares als Bild fest.  So entstehen wertvolle und hoch ästhetische Dokumente einer sich mühsam und zugleich rasant entwickelnden Welt. Bilddokumente, die vor dem Verschwinden bewahren, aber auch Bilder, die uns den wertfreien Blick vermitteln, den Blick auf eine Welt, die wir voreilig nach unseren Vorstellungen beurteilen, den Blick auf die Welt, deren Teil wir alle sind.

 

Bialobrzeskis Arbeiten wurden in Europa, Asien, Afrika, Australien und den Vereinigten Staaten ausgestellt. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den renommierten World Press Photo Award (2003 und 2010), sowie den Dr. Erich Salomon Award der DGPH (2012).

 

 

WEB Peter Bialobrzeski

 

 KATALOG

Bei Hartmann Books erschienen (2020)   /  kann über  Galerie Mitte bezogen werden  /  34 €

„Give my Regards to Elizabeth
mit Texten  von Mick Brown und Peter Bialobrzeski
Englisch/Deutsch
ISBN 978-3-96070-045-6

 

 

Weserkurier- 31. März 2021

 

 

Peter Bialobrzeski im Portrait

Der Weg zum preisgekrönten Fotografen

 

Simon Wilke 31.03.2021 

 

Fotografie ist etwas verdammt Einfaches. Irgendetwas ist immer drauf, auf einem Bild. Und selbst mit der Smartphone-Kamera kann jeder mal einen Treffer landen.

Fotografie ist verdammt schwer. Sie zu begreifen braucht Zeit und Hingabe, verlangt harte Arbeit und die Bereitschaft sich aufzuopfern. Zwei Seiten, eine Medaille.

Peter Bialobrzeski ist Fotograf und Professor an der Bremer Hochschule für Künste (HfK). Er hat den Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photografie gewonnen und auch den wohl renommiertesten Preis für Fotojournalismus, den World Press Photo Award. Der künstlerische Durchbruch gelang ihm vor rund 20 Jahren, heute vertreten Galerien in Berlin, New York oder Shanghai seine Arbeiten. Und vielleicht wäre Peter Bialobrzeski niemals so erfolgreich geworden, hätte er nicht früh erkannt, was es heißt zu scheitern.

Sein erstes Geld verdient Bialobrzeski mit Fotos für eine Lokalzeitung in Wolfsburg. Morgens raus, Bilder knipsen, schnell entwickeln, Redaktionsschluss. Jeden Tag, fünf Mal die Woche. Bis er irgendwann nach Indien reist und danach alles anders wird.

„Als ich nach Hause kam, habe ich gemerkt, dass die Bilder, die ich dort gemacht hatte, nichts mit dem zu tun haben, was mir diese Reise bedeutete. Es waren Abziehbilder dessen, wie ich glaubte, dass Fotografie auszusehen hat. Da habe ich gemerkt, dass ich das, was ich tue, wovon ich lebe, gar nicht kann.“ Bialobrzeski entscheidet sich dafür, noch einmal bei Null anzufangen. Er beginnt Fotografie zu studieren, bisher Gelerntes zu verwerfen, um zu begreifen, was er da eigentlich tut.

Nie wieder hat er so hart gearbeitet wie damals, sagt er, nicht vorher, nicht hinterher, trotz Rückschlägen. Einer ist ihm besonders in Erinnerung geblieben. Der, als seine Professorin ein Bild von ihm bewerten soll, auf das er selbst sehr stolz war. „Es zeigte eine Brücke im Ruhrgebiet bei Nacht. Meine Professorin ging bloß vorbei und sagte, das Ganze könne man auch mit Inhalt füllen.“ Ein Satz wie ein Nackenschlag, der zu einem der wichtigsten Sätze werden wird, den jemals ein Mensch zu ihm gesagt hat. Denn in diesem Moment macht es bei ihm klick: „Wenn ich etwas Gutes machen will, muss es mich ästhetisch ansprechen, aber es muss verdammt nochmal auch eine Bedeutung für andere haben.“

Harte Arbeit, Nackenschläge, klick. Dann, während eines Auslandsjahrs in England, entsteht seine Diplomarbeit „Give my Regards to Elizabeth“. Es ist die Arbeit, die eine Messlatte für ihn legen wird. „Als ich aufgehört hatte dafür zu fotografieren, habe ich gewusst: Mehr geht nicht, egal, was ich jetzt noch mache.“ Ein Jahr und 350 Filme brauchte es für diese Erkenntnis. Sie wurde zum Start einer Erfolgsstory.

Er kehrt noch einmal zurück nach Indien. Diesmal mit einem Koffer voller neuem Werkzeug. „XXXholy“ entsteht, ein Fotobuch als Auseinandersetzung mit der spirituellen Seele des Landes. Dann folgt „Neon Tigers“ - Bilder von einem Südostasien umspannenden Netzwerk von Megacities, preisgekrönt, der internationale Durchbruch. Dazwischen, im Jahr 2002, beginnt er seine Arbeit als Professor an der HfK. Jetzt laufen Lehre und eigene Projekte parallel, fast zwanzig Jahre lang, eine „blitzsaubere Karriere“.

Das ist kräftezehrend. Mit seinem Freund, dem Fotografen Michael Wolf, redet er oft darüber, wie lange die Energie noch reichen wird für gute Projekte. Wolf stirbt 2019 im Alter von 64 Jahren, er selbst wird in diesem Jahr 60. Es ist Zeit für ihn, die Lehre abzugeben. Zeit zu entschleunigen, aber auch Neues zu beginnen. Genug Kraft ist dafür eine Voraussetzung, denn gute Fotografie bringt einen an die Grenze der Belastbarkeit. „Man arbeitet hundert Tage, ohne etwas dafür zu bekommen. Stattdessen investiert man Geld ohne zu wissen, ob es funktioniert und konfrontiert sich dabei immerzu mit seiner eigenen Unzulänglichkeit. Wenn alles fertig ist, sieht es toll aus, aber niemand sieht das Leiden, das dahinter steckt.“

Unzulänglichkeit, denn seine Arbeiten sind grundsätzlich nur Annäherungen an das, was er für möglich hält. Möglich, aber immer unerreicht. Und Leid, denn fertig ist er erst, wenn er einer Arbeit nichts mehr hinzufügen kann, auch wenn er sich dafür die Nächte um die Ohren schlagen muss.

Vielleicht ist das einer der Schlüssel zur Fotografie, zur Kunst, zur Bedeutsamkeit. Dass es nie perfekt werden wird, mitunter sogar wehtut, und dass erst dann der Erfolg kommen kann. Zwei Seiten, eine Medaille.

Zur Sache

Abschied mit Buch und Ausstellung

Anlässlich seines Abschieds von der Bremer Hochschule für Künste stellt die Galerie Mitte Peter Bialobrzeskis Arbeit „Give my Regards to Elizabeth“ aus. Sie entstand zwischen 1991 und 1992 und war Teil der Diplomarbeit des Fotografen. Sie zeigt die Zerrissenheit der englischen Klassengesellschaft, geprägt von der Politik Margaret Thatchers. Für den Wolfsburger Fotografen ein großer Kontrast zu seiner Heimat: „Diese Art der Gespaltenheit war mir völlig fremd. Die Fotografie war mein Werkzeug, mich dem Thema auseinanderzusetzen und es mir anzueignen.“

Zu sehen sind Fotos vom „Boat Race“ zwischen den Universitäten Cambridge und Oxford kontrastiert mit den Bildern gelangweilter Jugendlicher oder absurd abgerissener Architektur, die im Hintergrund blühender Vorgärten in den Himmel ragt.

"Ich fand die Idee sehr schön, mit der Arbeit, mit der ich damals meine Hochschule verlassen hatte, auch meine zweite Hochschule zu verlassen" sagt Bialobrzeski. Die Eröffnungsfeier musste nun allerdings erst einmal abgesagt werden, zumindest für die Öffentlichkeit. Trotzdem soll an diesem Mittwoch, den 31. März, um 19 Uhr via Stream auf dem Instagram-Kanal und unter galeriemitte.eu ein Gespräch mit dem Künstler und die Begrüßungsworte übertragen werden. Die Ausstellung von „Give my Regards to Elizabeth“ läuft noch bis zum 16. Mai 2021.

 


Der preisgekrönte Fotograf Peter Bialobrzeski. (Christina Kuhaupt) WK